Hauptirrtümer

Hauptirrtümer


Irrtum: Mit dem Begriff "Legasthenie" verbinden Eltern oft die Vorstellung, dass ihr Kind sein Leben lang nicht richtig lesen und schreiben können wird.
Dagegen: Eine Lese-Rechtschreibstörung ist mit fachlicher Hilfe behebbar. Wirksamkeitsstudien belegen, dass auch bei schweren Störungen bedeutende Verbesserungen der Lese- und Rechtschreibfertigkeit erreicht werden, wenn die Hilfe entsprechend gezielt angeboten wird.

Irrtum: Oft sehen sich Eltern, wenn sie ihre Sorgen über die Schulentwicklung ihres Kindes äußern, dem Verdacht ausgesetzt, dass sie zu viel von ihrem Kind wollten, dass sie es "überforderten". Es sei eben nicht so begabt.
Dagegen: Wenn eine Legasthenie vorliegt, erklären sich die Lernprobleme nicht aus Minderbegabung. Unter den Legasthenikern gibt es ebenso hoch begabte Kinder wie unter den Nichtlegasthenikern. Aber wenn einem Kind mit einer Legasthenie eine wirksame Behandlung vorenthalten wird, kann sich das entwicklungshemmend auswirken.

Irrtum: Oft unterliegen Eltern dem Verdacht, nicht ausreichend geübt zu haben. Denn: Wieder hat das Kind so viele Fehler im Diktat; wieder schreibt es Wörter falsch, die es gestern noch gekonnt hatte; wieder schreibt es "schwere Wörter richtig" und "leichte Wörter falsch".
Dagegen: Wenn eine Legasthenie vorliegt, ist sie nicht Folge unzureichenden Übens oder mangelnder Gelegenheit zum Lernen. Jedes Kind mit Lese-Rechtschreibproblemen übt mehr als seine Klassenkameraden. Dass es trotz dieser vermehrten Übungen wieder versagt, belegt lediglich, das nicht die richtigen Methoden angewandt wurden. In wissenschaftlichen Studien ist nachgewiesen, dass eine Legasthenie durch den üblichen Nachhilfeunterricht nicht positiv beeinflusst wird, wohl aber durch eine gezielte Therapie.

Irrtum: Oft werden besorgte Eltern auch beruhigt, dass sich die Lernprobleme "auswachsen" würden. ("Das gibt sich noch. Das wächst sich aus.")
Dagegen: In wissenschaftlichen Untersuchungen ist erwiesen, dass sich unbehandelte Lese-Rechtschreibstörungen im Verlauf der schulischen Entwicklung nicht nur erhalten, sondern dass sie sogar die jeweilige Bildungskarriere signifikant negativ beeinflussen. Zwar ändert sich im Schreiblernprozess das Fehlerprofil, also die Qualität der Falschschreibungen, der Lernprozess selbst bleibt aber nach wie vor auffällig. In schweren Fällen führt eine nicht behandelte Legasthenie zum sog. "funktionellen Analphabetismus". Eine wirksame Hilfe kann in jedem Lebensalter aufgenommen werden, Abwarten ist gar keine Hilfe.
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Irrtum: Es gibt leider auch die Vorstellung, dass keine Legasthenie vorläge, weil das Kind zwar Rechtschreibprobleme habe, aber keine Probleme im Lesen.
Dagegen: Hier ist die Feststellung wichtig, dass die Lernprobleme nicht in beiden Lernbereichen auftauchen müssen. Es gibt neben der Diagnose einer "Lese- und Rechtschreibstörung" (F81.0 der ICD 10) die Diagnose einer "isolierten Rechtschreibstörung" (F81.1 der ICD 10). In der ungestörten Entwicklung der Lese- und Rechtschreibfertigkeit gibt es zwar erwiesenermaßen eine Wechselwirkung zwischen den Fortschritten im Lesen und im Schreiben, bei einer Lernstörung im Umgang mit der Schrift bleibt diese Wechselwirkung aber vielfach aus.

Irrtum: Einer der nachhaltigsten Irrtümer ist, dass es legasthenietypische Rechtschreibfehler gebe, z.B. die Vertauschung von spiegelbildlichen Buchstaben wie b-d oder ei-ie. Daraus wird gefolgert, dass keine Legasthenie vorliege, wenn diese Fehler nicht aufträten.
Dagegen: Diese Annahme konnte empirisch eindeutig widerlegt werden. Es gibt keinen Rechtschreibfehler, der allein Legasthenikern vorbehalten wäre. Legastheniker machen dieselben Rechtschreibfehler wie andere Kinder, sie machen sie nur häufiger und sie machen sie länger als andere Kinder.

Irrtum: Auch über den Zeitpunkt, wann eine Legasthenie diagnostiziert werden könnte, gibt es Irrtümer. Oft kommen Kinder zu uns, die bereits die 3. oder gar die 4. Klasse besuchen. Fast alle Eltern hatten die Lernprobleme schon früher bemerkt. Aber ihnen wurde gesagt, dass man eine Legasthenie erst ab der 3. Klasse diagnostizieren könnte. Kostbare Zeit geht so verloren.
Dagegen: Eine Legasthenie kann bereits zu Beginn des schulischen Lernprozesses entstehen und zu diesem Zeitpunkt auch festgestellt werden, auch wenn dies in der Schule wegen der geübten Diktate z.T. nicht bemerkt wird. In den meisten Fällen zeigen sich Schwierigkeiten bereits in den ersten Stadien des Erstlese- oder Erstschreibunterrichts und können vom Fachmann als störungsspezifisch diagnostiziert werden. Es stehen inzwischen wirksame diagnostische Mittel zur Verfügung, mit denen auch vorschulisch bereits das Risiko einer Legasthenie sehr genau abgeschätzt und frühzeitig eine gezielte Hilfe begonnen werden kann. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass Erfolg einer therapeutischen Behandlung desto schneller eintritt, je früher die Hilfe begonnen wird.
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